Oft ist zu hören, ein Hochschulstudium in Deutschland dauere im internationalen Vergleich zu lange (»In Deutschland haben wir die ältesten Studenten«, von Trotha in der Badischen Zeitung, 11. November 1997), das Alter beim Berufseinstieg liege zu hoch. Der Wissenschaftsrat weist in seinen Studien darauf hin, dass ein internationaler Vergleich von Studienzeiten aufgrund mangelnder Daten und äußerst unterschiedlicher Bildungsstrukturen nur schwer zu leisten sei. Soweit Daten vorliegen, etwa aus OECD-Bildungsstudien, muss die gängige Auffassung zumindest in Frage gestellt werden. Das typische errechnete Alter bei einem Erstabschluss an Hochschulen in Deutschland beläuft sich auf 25 bis 26 Jahre. Auf den ersten Blick scheint hier eine große Diskrepanz zu den Erstabschlüssen z. B. in England und den USA zu bestehen, die mit etwa 21 Jahren erreicht werden. Jedoch sind die Erstabschlüsse in den angelsächsischen Ländern qualitativ nicht vergleichbar mit einem deutschen Hochschulstudium. Sie bewegen sich eher auf dem Niveau einer Zwischenprüfung oder eines Vordiploms, das hierzulande etwa zur Mitte des Studiums abgelegt wird. Angelsächsische Studiengänge sind gestuft gestaltet, d. h. auf einen Erstabschluss wird häufig ein zweites, weiterführendes Examen aufgesattelt. Erst der dortige Zweitabschluss kann zutreffend mit einem deutschen Erstabschluss verglichen werden. Zu den hierzulande neuartigen kurzen Bachelor-Studiengängen liegen noch keine hinreichenden Erfahrungswerte vor.
Aus den Zahlen geht hervor, dass von einem exorbitant langen Studium in Deutschland nicht die Rede sein kann. Dies gilt um so mehr, als bei einer Betrachtung des Alters beim Berufseinstieg Faktoren wie das Alter bei Ablegen des Abiturs oder das Vorhandensein einer Wehr- oder sonstigen Dienstpflicht berücksichtigt werden müssen.