Der StudentInnenstatus bringe zahlreiche soziale Vergünstigungen mit sich, ist immer wieder zu hören. So äußerte die baden-württembergische Landesregierung:
»Der politische Handlungsbedarf ergibt sich außerdem daraus, daß Studierende mit überlangen Studienzeiten [...] ungerechtfertigt die mit einem Studierendenausweis verbundenen materiellen Vorteile genießen.« (Landtagsdrucksache 12/4, 5. November 1996)
Diese Auffassung ist jedoch falsch. Denn einzelnen Vorteilen stehen an anderer Stelle gravierende Nachteile gegenüber. In der Gesamtrechnung lohnt es sich in keiner Weise, auf Dauer im StudentInnenstatus zu verbleiben. Die herausragendsten Nachteile des StudentInnenstatus: • StudentInnen sind gesetzlich vom Bezug der Sozialhilfe ausgeschlossen.
• StudentInnen wird es schwer gemacht, Wohngeld zu erhalten.
• Ab dem 14. Fachsemester müssen sich StudentInnen eine eigene Krankenversicherung besorgen. Die Kosten belaufen sich auf mindestens 90 Euro pro Monat.
• Die Anrechnung von Ausbildungszeiten auf die Rente wurde von 13 Jahren vor 1992 auf mittlerweile nur noch drei Jahre gekürzt. Nach Angaben der Bundesregierung erhalten AkademikerInnen so pro Monat ca. 75 Euro weniger Rente. Das Einsparungsvolumen der Rentenkassen beläuft sich auf drei bis dreieinhalb Milliarden Euro jährlich. Geplant ist, auch die Anrechnung der drei Jahre Studienzeit komplett zu streichen.
Diese Nachteile betreffen LangzeitstudentInnen in besonderem Maße, da bei ihnen
staatliche Leistungen kaum mehr zur Geltung kommen:
• BAföG-Zahlungen, die ohnehin nur einem kleinen Personenkreis zugute kommen, laufen gegen Ende der Regelstudienzeit aus.
• Transferleistungen an Eltern von StudentInnen (Kindergeld, Kinderfreibeträge) enden mit dem 27. Lebensjahr (plus Wehr- bzw. Zivildienstzeit).
Die erheblichen finanziellen Verluste, die LangzeitstudentInnen schon ohne jede Studiengebühr treffen, können in keiner Weise etwa durch häufige Mahlzeiten in der Mensa o. ä. ausgeglichen werden. Hinzu kommt überdies, dass ein späterer Eintritt in das Berufsleben zu Abstrichen am Lebenseinkommen führt. All dem helfen auch nicht einige privatwirtschaftliche Vergünstigungen ab, die StudentInnen zum Teil gewährt werden und die in der Diskussion immer wieder als geldwerte Vorteile des StudentInnenausweises zur Sprache kommen. Hier gilt es grundsätzlich festzuhalten, dass es privaten AnbieterInnen frei steht, Rabatte für StudentInnen anzubieten – dies geschieht in der Regel in der Hoffnung, einen später zahlungskräftigen KundInnenstamm aufzubauen. Zu nennen wären verbilligte Kontoführungsgebühren, Eintrittskarten bei Kinos, Theatern etc. oder auch billigere Abonnements von Zeitschriften oder Zeitungen. Solche freiwillig gewährten Rabatte belasten die öffentlichen Haushalte in keiner Weise.
Dies gilt in gleicher Form für den öffentlichen Personennahverkehr. In den vergangenen Jahren wurden an zahlreichen Hochschulen so genannte Semestertickets eingeführt, deren Abnahme für alle StudentInnen verpflichtend ist und die ermöglichen, den Nahverkehr im regionalen Verkehrsverbund zu benutzen. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Sozialleistung, sondern um eine geschäftliche Transaktion: Die Verkehrsverbünde bieten eine Art »Job-Ticket« für StudentInnen einer Hochschule an und erhalten dadurch mindestens die gleichen Einnahmen, die ihnen bei individuellem Ticket-Erwerb zufließen würden. Gerade in diesem Fall ist es sachlich nicht zu rechtfertigen, diese beliebte Form der Nahverkehrsbenutzung als ungerechtfertigten Vorteil für StudentInnen zu diffamieren oder damit gar Studiengebühren zu begründen.
Die Quintessenz lautet: LangzeitstudentInnen liegen niemandem auf der Tasche – außer sich selbst. Sie zusätzlich mit Gebühren zu belasten, schafft keine Gerechtigkeit, sondern vergrößert vielmehr die Ungerechtigkeit.