Neben der herkömmlichen Studiengebührendebatte spielt zurzeit vor allem die Diskussion um sogenannte Studienkonten- oder Bildungsgutscheinmodelle die Hauptrolle bei den Versuchen der Beschränkung des Hochschulzugangs und –verbleibs (Vgl. Dohmen 2003a und 2003b sowie kritisch Himpele 2002 und Bultmann 2003). So haben StudentInnen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz inzwischen das »Vergnügen« mit Studienkonten, allerdings in einer Version, die man eher als Langzeitstudiengebühren bezeichnen müsste.1[1] Ähnliche Modelle werden auch in anderen Bundesländern diskutiert.
In der politischen Debatte tauchte das Studienkontenmodell immer wieder als Gegenentwurf zu so genannten Langzeitstudiengebühren auf. Dabei wird suggeriert, Studienkonten seien keine Studiengebühren. Diese Aussage ist falsch. »Von eingeschriebenen Studierenden, denen kein Studienguthaben zur Verfügung steht, wird für jedes Semester in einem Studiengang eine Gebühr erhoben« ( StKFG NRW, § 9). Damit implizieren die Studienkonten so genannte Langzeitstudiengebühren. Es wird nun nicht mehr nur in Semestern, sondern zusätzlich in Semesterwochenstunden gerechnet. Individuell kann sich der gebührenfreie Zeitraum des Studiums dadurch gegenüber »klassischen« Langzeitgebühren zwar verlängern oder verkürzen, systemisch handelt es sich dennoch um Studiengebühren. Besonders betroffen sind hiervon zum einen die so genannten LangzeitstudentInnen, die aus finanziellen Gründen oder durch ihre individuelle Lebensplanung (z. B. Familiengründung) in die Gebührenfalle geraten (vgl. hierzu ABS-Schriftenreihe Nr. 3), zum anderen besonders engagierte StudentInnen, die ihre Semesterwochenstunden durch den berühmten »Blick über den Tellerrand« verbrauchen oder sich direkt für das Studium zusätzlicher Fächer entscheiden.
Beim Studienkontenmodell erhalten alle StudentInnen ein »Bildungsguthaben«, das sich an der Regelstudienzeit und der Semesterwochenstundenanzahl des gewählten Studienganges orientiert. Die Abrechnungseinheit ist die Semesterwochenstunde2[2]. JedeR StudentIn erhält die in der Prüfungsordnung vorgesehene Anzahl an Semesterwochenstunden plus einen gewissen Puffer (im Gespräch sind hier häufig 25 Prozent) auf einem Konto gutgeschrieben. Mit dem Besuch von Lehrveranstaltungen werden diese
Semesterwochenstunden abgebucht. Ist das Konto leer oder wird die Regelstudienzeit um ein bestimmtes Maß überschritten, werden die StudentInnen zur Kasse gebeten.
Wer sein Studium in einer bestimmten Zeit (in der aktuellen Debatte ist das meist die Regelstudienzeit plus zwei Semester) abschließt, der/die kann ein eventuell vorhandenes Restguthaben in der nicht näher definierten Weiterbildung einsetzen.
Auch die Hochschulen werden in das Gutscheinmodell einbezogen: Ihre Finanzierung soll an die »Nachfrage« gekoppelt werden. Die einzelnen Fachbereiche einer Hochschule oder die Hochschule als Ganzes erhalten ihr Geld dann auf Grund der Anzahl der bei ihnen belegten Semesterwochenstunden. Damit soll die Finanzierung an zählbare Indikatoren geknüpft werden – eine keinesfalls neue Idee: »Die in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich weit gediehene Umstellung auf Mechanismen indikatorbezogener Output-Finanzierung bedeutet im Kern, dass tendenziell alle Tätigkeiten an Hochschulen quantifiziert und die Organisationseinheiten […] entsprechend erfolgsorientiert finanziert werden« (Bultmann/Weitkamp, 1999, S. 42). Diese systemische Umstellung der Hochschulfinanzierung birgt zahlreiche Konsequenzen, die einer näheren Betrachtung lohnen.