12.11.2004

Minden: Studiengebühren vor dem Verwaltungsgericht

Gemeinsame Presseerklärung des ABS und des LAT NRW

Am gestrigen Donnerstag urteilte das Verwaltungsgericht Minden in drei Fällen, in denen Studierende gegen das Studienkonten- und Finanzierungsgesetz (StKFG) des Landes NRW Klage eingereicht hatten. Trotz eines beachtenswerten Erfolges muss nun das Oberverwaltungsgericht in Münster die Klagen erneut behandeln.


In einem Fall setzte sich das Gericht mit den im StKFG vorgesehenen Härtefallregelungen zur wirtschaftlichen Notlage auseinander. Der Kläger hatte kurz vor Ende seines Studiums einen Antrag auf Erlass der Studiengebühr in Höhe von 650 Euro beim Studierendensekretariat der Uni Bielefeld gestellt, da er sich in einer akuten wirtschaftlichen Notlage befand und somit ein Härtefall im Sinne des Gesetzes war.


Das Studierendensekretariat hatte seinen Antrag in Einklang mit dem StKFG zurückgewiesen. Zu Unrecht wie das VG Minden nun feststellte. Denn der Kläger hatte in Wahrheit einen viel höheren monatlichen Aufwand, als dies im BAföG vorgesehen ist. Und die höchste BAföG-Stufe wird vom StKFG als Grenze angesehen: Wer weniger hat, gilt als Härtefall.


Das Gericht hingegen Urteilte, der BAföG-Höchstsatz könne nicht in jedem Fall als Kriterium dienen.  Im Falle des Klägers müsse ein höherer finanzieller Aufwand auch bei der Berechnung des Härtefalls berücksichtigt werden.

Für Studierende über 30 Jahre ist z.B. die Versicherung bei einer Krankenkasse deutlich teurer als der sonst übliche studentische Tarif. Dies lässt die bisherige Härtefallregelung aber unberücksichtigt. Allerdings wird das OVG Münster noch eine grundsätzliche Entscheidung in dieser Sache treffen müssen.


Härtefallregelung realitätsfremd

Beim Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS), einem Zusammenschluss von Studierendenvertretungen, Gewerkschaften und Sozialverbänden rechnet man auch in Münster mit einem Erfolg:  

 "Hier bestätigt uns das Gericht, dass die Regelungen des Ministeriums absolut unsozial sind. Was sollen denn z.B. Studierende machen, die sich die Gebühren nur dann leisten könnten, wenn sie etwa in mitten in der Prüfungsphase in eine kleinere Wohnung umziehen müssten?" kritisiert Ernest Hammerschmidt, Geschäftsführer des ABS.


Außerdem forderte das Gericht die Möglichkeit ein, den Betroffenen zumindest Möglichkeit zur Stundung der Gebühren einzuräumen.


Abgewiesen wurde hingegen eine Klage des ABS und der Studierendenvertretungen in NRW in der Sache eines Studierenden über 60, der ausschließlich aufgrund seines Alters nun Studiengebühren in Höhe von 650 EUR zahlen muss. "Hier werden letztlich Menschen aufgrund ihres Alters diskriminiert." erläuterte Kay Reif, Koordinator des Landes-ASten-Treffens NRW, die Sichtweise der Nordrhein-Westfälischen Studierendenvertretungen:  "Dabei hat der Kläger vor, später wieder arbeiten zu gehen."


In einem weiteren Fall ging es um die Anrechnung von Bonussemestern aufgrund von Gremientätigkeit. Der Kläger hatte sich länger als drei Semester in Gremien der Hochschule und der Studierendenschaft engagiert. Das Gesetz sieht jedoch vor, dass höchstens drei Bonussemester angerechnet werden können.


"Hier wird deutlich, dass das Engagement für die Gesellschaft nicht in das Konzept der Landesregierung passt. Studierende werden somit dazu gedrängt, nur noch egoistisch zu denken und ihr Studium auf angebliche Verwertbarkeit zu konzentrieren. Aufforderungen zu sozialem und ehrenamtlichem Engagement bleiben vor diesem Hintergrund reine Lippenbekenntnisse", kommentiert Ernest Hammerschmidt.


Aktionsbündnis gegen Studiengebühren - http://abs-nrw.de/presse/0762.html - Ausdruck erstellt am 11.10.2006, um 13:57:42 Uhr