(Berlin) Zusammen mit anderen Nichtregierungsorganisationen hat heute der freie zusammenschluss von Studentinnenschaften (fzs) in einer Pressekonferenz angekündigt, gegen die fortgesetzte Verletzung internationaler Verträge durch die Länder der Bundesrepublik Deutschland Beschwerde einzulegen. Der 1976 ratifizierte Vertrag über wirtschafliche, kulturelle und soziale Rechte sieht vor, dass Deutschland ein unentgeltliches Bildungssystem, wozu auch explizit die Hochschulbildung gehört, entwickeln muss. Nachdem bereits seit den siebziger Jahren keine solchen Gebühren mehr erhoben wurden, müssen die beschlossenen Gesetze in den Ländern zur Einführung von Studiengebühren als offener Affront gegen das Völkerrecht und Menschenrechte gewertet werden.
„Bereits 1998 und 2001 wurde Deutschland wegen seines Abweichens von den Zielen des Paktes vom Kontrollrat ermahnt. In diesem Jahr hat Deutschland gar keinen Bericht zur Bildungssituation abgeliefert. Daher werden nun Studierende und ihre BündnispartnerInnen über die Lage im Bildungssystem berichten“ erläuterte Mike Niederstraßer vom Aktionsbündnis gegen Studiengebühren (ABS) nach der Vorstellung der Beschwerde an den Hochkommissar der UN. Gemeinsam mit Gewerkschaften, Menschrechtsorganisationen und dem fzs wird das ABS daher in den nächsten Monaten einen Bericht über soziale Ausgrenzung vom Bildungszugang und die fortschreitenden Einschränkungen bei der Verwirklichung des Paktes und der in ihm gewährten Rechte erarbeiten.
Der Wirtschafts- und Sozialrat ist nach dem Vertrag die zuständige Instanz, über die Einhaltung des Vertrages zu wachen. Im „Studiengebührenurteil“ (2 BvF 1/03 RdNr. 72) hatte das Bundesverfassungsgericht betont, dass die Länder auch in der Frage über Studiengebühren internationale Verträge zu beachten hätten. Aufgrund der Vervielfachung des BIP in den Jahren seit Unterzeichnung des Paktes entfällt aber auch eine wirtschaftliche Notlage als Argument für eine Einführung von solchen Zugangshürden.
„Kommt der Rat zum Ergebnis, dass Deutschland gegen den Pakt verstößt, wäre das nicht nur hinsichtlich der Rolle als internationaler Verteidiger der Menschenrechte problematisch. Vielmehr müssten dann auch die Verwaltungsgerichte dieses Verdikt beachten.“ so Konstantin Bender vom Vorstand des fzs, der die Veranstaltung mitinitierte. „Es scheint, als haben wir Deutschland hier kalt erwischt, da der Pakt und die internationalen Verpflichtungen in den Überlegungen bislang kaum eine Rolle gespielt hat.“ so Bender weiter.
Christiane Schmidt, Geschäftsführerin des ABS, ergänzte: „Die strikte Ignoranz gegenüber dem Menschenrecht auf Bildung, die Deutschland regelmäßig durch die Sozialerhebung des DSW, aber auch durch die PISA-Studie und die Erhebungen zum Hochschulzugang und Studienabbruch des HIS nachgewiesen wird, muss endlich öffentlich zur Sprache gebracht werden.“
Bereits in seinen Stellungnahmen, in denen der UN-Ausschuss auch Kanada und England für die Studiengebühren rügte, forderte der Ausschuss auf, dass das innerstaatliche Bewusstsein für den Pakt und die durch ihn begründeten Rechte gestärkt werde. Daher begrüßt das ABS ausdrücklich diese Initiative.
Mit der Übergabe des Berichtes an den Sozialrat der UN und dessen Debatte ist im Frühjahr 2007 zu rechnen.
Pressemappen mit einer Zusammenstellung über die sozialen Ausgrenzung beim Hochschulzugang und den entgegenstehenden Verpflichtungen Deutschlands sind auf Anfrage erhältlich.