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ABS Nordrhein-Westfalen

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10.12.2003

Viele Einzelfälle – kein Gesamtbild

Wie sieht einE typischeR LangzeitstudentIn angesichts der genannten strukturellen Daten aus? Es gibt ihn oder sie nicht. Ein Langzeitstudium ist immer ein Einzelfall. Vergegenwärtigt man sich die Gründe, die ein Studium verlängern, ist leicht abzusehen, dass es schnell zu einer Überschreitung der Regelstudienzeit um mehr als vier Semester kommen kann. Beispiele aus dem Hochschulalltag:

• StudentIn A studiert ein anspruchsvolles Fach an einer schlecht organisierten Hochschule – und fällt einmal durch eine Prüfung, die nur einmal im Jahr angeboten wird und für den Fortgang des Studiums unerlässlich ist.

• StudentIn B entscheidet nach drei Semestern, das Fach zu wechseln. Das neue Studienfach wird stringent absolviert, aber mit einem Auslandsaufenthalt. Nicht jeder dort erworbene Leistungsnachweis wird bei der Rückkehr anerkannt.

• StudentIn C erhält eine Teilförderung nach BAföG von 300 Euro/Monat. 150 Euro kommen von den Eltern, weitere 150 Euro durch Nebenjobs. Die Förderung endet nach neun Semestern. StudentIn C wäre nur noch zwei Semester vom Examen entfernt, muss jetzt jedoch dreimal soviel jobben wie zuvor – in der arbeitsintensiven Studienabschlussphase.

• StudentIn D studiert grundsätzlich in durchschnittlicher Geschwindigkeit, die im gewählten Studienfach ca. zwölf Semester beträgt. Alltag sind ein bis zwei Nebenjobs, viele bestandene und einige wenige nicht bestandene Leistungsnachweise und nur mäßig aufeinander abgestimmte Lehrangebote. Gegen Ende eines Semesters erkrankt StudentIn D zwei Wochen lang an einer Grippe und verpasst dadurch mehrere Klausuren, darunter auch solche, die nur selten angeboten werden.

All dies sind Fälle, die an den Hochschulen ständig vorkommen. Sie illustrieren, dass beim Zusammentreffen mehrerer studienzeitverlängernder Faktoren schnell eine Gesamtstudiendauer erreicht wird, bei der zurzeit in Baden-Württemberg, in Niedersachsen und im Saarland die Gebührenpflicht einsetzt. Die verbreitete Vorstellung, LangzeitstudentInnen seien lediglich im Studierendenstatus verharrende FaulenzerInnen, hat mit der Realität nichts zu tun. Aussprüche wie beispielsweise vom ehemaligen baden-württembergischen Wissenschaftsminister Klaus von Trotha (CDU) »Der Hochschulbetrieb kann keine Wärmehalle sein für diejenigen, die keine bessere Wärmehalle gefunden haben« (im SWR, April 1999) sind durch keinerlei Fakten gedeckt und dienen lediglich dazu, eine sonst kaum begründbare Politik durch das Schüren von Vorurteilen zu rechtfertigen. Jenseits der bisher angestellten Überlegungen gilt es zudem auf grundsätzlicher Ebene festzuhalten: Auch wenn jemand, ohne dafür individuelle Gründe jedweder Art vorzubringen, länger an der Hochschule verbleiben möchte – warum sollte ein solches Verhalten mit Sanktionen belegt werden?

Das Beispiel Baden-Württemberg zeigt zudem, dass auch Härtefallregelungen keine Abhilfe schaffen. Erst nach lang anhaltendem politischem Druck führte die Landesregierung eine Regelung ein, nach der chronische Krankheit oder Behinderung eine zeitweilige Befreiung von der Gebührenpflicht ermöglichen. Finanzielle Notlagen, eine der Hauptgründe für längere Studienzeiten, werden hingegen nicht berücksichtigt. Gäbe es den Verhältnissen angemessene Härtefallregelungen, blieben jedoch kaum gebührenpflichtige StudentInnen übrig, sodass sich die Langzeitgebühren selbst ad absurdum führen würden. Als Schluss bleibt nur, auf solche Gebühren generell zu verzichten.


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