Wenn an den Hochschulen über Bildungsgutscheine der Marktmechanismus regieren soll, kann die Politik keine Vorschriften mehr über die Verteilung der StudentInnen machen, etwa um diese Verteilung mit gesellschaftlichen Zielsetzungen (Chancengleichheit) zu verbinden. An einem Markt versuchen AnbieterInnen (die Hochschulen) und NachfragerInnen (die potenziellen StudentInnen) zu einer Übereinkunft zu kommen. Das heißt, potenzielle StudentInnen suchen die Hochschule, die ihren Wünschen am ehesten entspricht (und die sie sich leisten können). Damit sind staatliche Eingriffe beispielsweise über die Zentralstelle zur Vergabe von Studienplätzen (ZVS) hinfällig. Diese Zentralstelle hatte in ihrer ursprünglichen Funktion nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass das Recht auf einen Studienplatz, das man mit dem Abitur erwirbt, auch eingelöst werden kann. Über die Kapazitätsverordnung (KapVO) sollte gesichert werden, dass die Aufteilung auf Hochschulen ungefähr proportional erfolgt und dass der Mangel an Studienplätzen möglichst gut verwaltet werden kann. Diese Mechanismen lassen sich im Bildungsgutscheinmodell nicht aufrechterhalten.
Sollen die Hochschulen nach ihrer Attraktivität – gemessen in dort »eingelösten« Gutscheinen – finanziert werden, dann kann man ihnen nicht per ZVS vorschreiben, wie viele und welche StudentInnen sie zu einem bestimmten Fach zuzulassen haben. Die formale Wahlfreiheit der StudentInnen in ihrer neuen KundInnenrolle wird dadurch wieder aufgehoben, dass sich Bildungsbeteiligung nicht mehr über Rechtsanspüche reguliert, sondern in der Kontrolle der einzelnen Hochschulen über verschiedene Arten von Eignungstests erfolgt.
Darüber hinaus ist die Ungleichheit in der Finanzierung bei der Erhebung von Studiengebühren – egal welcher Art – immer gegeben (vgl. ABS-Schriftenreihe Nr. 2). Da Bildungsgutscheinmodelle eine besondere Art des Bezahlstudiums darstellen, gilt dies auch hier. Die Chancengleichheit – so sie denn überhaupt existierte – wird durch diese Modelle weiter eingeschränkt. Unbestritten ist, dass soziale Selektion überwiegend schon in der Schule stattfindet und im Hochschulzugang fortgesetzt wird. Sie würde sich bei der Einführung von Bildungsgutscheinen weiter verschärfen. Es »ergibt sich eine fallende Studiennachfrage in Abhängigkeit von den Studienkosten, d.h. die Studiennachfrage wird ceteris paribus um so geringer sein, je höher die Kosten des Studiums sind« (Nagel/Jaich, 2002, S. 172).