NRW benötigt …
1.: ein förderndes Bildungssystem.
Die soziale Selektion im Bildungssystem beginnt nicht erst an der Hochschule. Schon im Vorschulbereich und in der Schule werden die Weichen für die persönliche Bildungslaufbahn gestellt. Daher ist es notwendig individuelle Defizite, die auch aus der sozialen Herkunft herrühren, durch individuelle Förderung auszugleichen. Eine Schule für alle ist ein Schritt in die richtige Richtung.
2.: mehr Geld für Bildung.
Die Verteilung der Steuergelder ist immer noch eine politische Entscheidung. Wenn Bildung den höchsten Stellenwert haben soll, so sollte auch genug Geld in den öffentlichen Haushalten dafür zur Verfügung gestellt werden. Wenn das Geld nicht reicht, muss eine Steuerreform durchgeführt werden.
3.: ein wirksames Verbot aller Studiengebühren. Dies impliziert natürlich auch die Abschaffung der Studienkonten.
Das einzige was Studiengebühren erreichen können, ist die Zementierung der sozialen Selektion im Bildungssystem. Weder soziale Gerechtigkeit noch Chancengleichheit, wie es in den Zielen des StKFG postuliert ist, kann dadurch erreicht werden. Die Einführung der Studienkonten hat mitnichten zu einer Erhöhung der Studierquote von Kindern aus finanzschwachen oder bildungsfernen Schichten geführt. Und selbst finanziell hat sich die Regierung verrechnet. Den Mythos von besser ausgestatteten Hochschulen durch Studiengebühren würde spätestens jeder Finanzminister in kürzester Zeit begraben.
Aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zur 6. HRG-Novelle muss nun ein neuer Weg beschritten werden, ein Studiengebührenverbot zu sichern. In NRW kann dies durch einen Passus im Hochschulgesetz oder durch eine Festschreibung in der Verfassung geschehen. Auch auf Bundesebene müssen neue Möglichkeiten für ein umfassendes Verbot von Studiengebühren gefunden werden.
4.: einen freien Zugang zum Hochschulstudium.
Auswahlverfahren und Studienplatzbegrenzungen sind kontraproduktiv und verschärfen die soziale und finanzielle Selektion im Bildungssystem. Durch mehr Transparenz und bessere Betreuung kann die Studiengangwahl sinnvoller gestaltet werden. Abbruchquoten würden dadurch massiv verringert. Konstruierte Übergangsquoten zwischen Bachelor- und Masterstudium bedeuten eine politisch gewollte Beschneidung des Rechts auf Bildung. Der Mangel an Studienplätzen ist die direkte Folge der unzureichenden öffentlichen Finanzierung.
5.: eine umfassende Antidiskriminierungsrichtlinie für das gesamte Bildungssystem.
Diskriminierung im Bildungssystem ist vielschichtig. Ungleichbehandlung findet auf der Basis zahlreicher Faktoren statt, nicht nur von Geschlecht, sexueller Orientierung, Staatsangehörigkeit, Hautfarbe, Behinderung oder chronischer Krankheit. Hier bedarf es einer Antidiskriminierungsrichtlinie, die alle Faktoren von Diskriminierung umfasst, im gesamten Bildungssystem greift und individuelle Hilfe für die Opfer von und Schutz vor Diskriminierung bietet.
6.: mehr Chancen für Frauen.
Immer noch sind die meisten führenden Positionen in Hochschule und Wirtschaft von Männern besetzt. Gerade die Hochschulen gelten als Bewahrerinnen eines traditionellen Geschlechterverständnisses und einer patriarchal geprägten Wissenschaft. Im Bereich der Geschlechterforschung muss eine ausgeweitete Ursachenforschung neue Möglichkeiten zum Abbau der Nachteile schaffen. Eine ausgewogene Gleichstellungspolitik muss allen Frauen die Möglichkeit geben, die bestehenden Nachteile zu überwinden.
7.: dringend eine Verbesserung der Situation für ausländische Studierende.
Die Bedingungen für ausländische Studierende sind weiterhin extrem kritisch. Trotz des neuen Zuwanderungsgesetzes bleibt die arbeitsrechtliche und die aufenthaltsrechtliche Situation diskriminierend und verhindert vielfach ein normales Studium. Eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und städtischen Behörden ist unumgänglich. Zudem muss die Betreuung von ausländischen Studierenden an den Hochschulen intensiviert werden. Gesonderte Bewerbungs- und Betreuungsgebühren sowie zusätzliche Auswahltests sind allerdings der falsche Weg. Die angestrebte Internationalisierung der Hochschulen lässt sich so sicherlich nicht erreichen.
8.: demokratische Hochschulen.
In den akademischen Gremien muss zumindest eine Viertelparität gesichert werden. Ein funktionierendes Mitspracherecht kann nur durch demokratische Wahlen und nicht durch ein KundInnenverhältnis erreicht werden. Studierende sind die größte Gruppe an den Hochschulen und von allen Entscheidungen direkt betroffen. Sie verfügen jedoch über zu geringe Mitbestimmungsmöglichkeiten.
9.: Verfasste Studierendenschaften mit erweiterten Kompetenzen.
Die Studierendenschaften in NRW leisten schon zur Zeit enormes zur Gestaltung der Hochschule und bei der Beratung ihrer Studierenden. Auch die politische Bildung der Studierendenschaft geschieht durch die ASten. Doch immer noch gibt es Repressionen durch Rektorate oder Klagen gegen AStA-Vorsitzende aufgrund der unzureichenden Rechtssicherheit. Daher ist eine Erweiterung der Kompetenzen der VS dringend notwendig.
10.: eine qualitative Studienreform.
Wissenschaftliche Bildung und Ausbildung an den Hochschulen in NRW entsprechen nicht den gesellschaftlichen Erfordernissen. Die rein technische Einführung von gestuften Studiengängen kann nicht ausreichend sein für eine Studienreform. Es muss eine transparente und öffentliche Debatte um Ziele und Inhalte von Hochschulbildung geben.
11.: einen studentischen Tarifvertrag und eine Personalvertretung für studentisch Beschäftigte.
An den Hochschulen des Landes sind die studentischen Hilfskräfte sowohl in Forschung und Lehre, als auch in der Verwaltung eine unverzichtbare Stütze. Allerdings ist deren Tätigkeit nicht tariflich abgesichert, so dass ihnen weder eine soziale Absicherung noch eine angemessene Entlohnung zusteht. Weiterhin haben die studentischen Hilfskräfte nach dem Landespersonalvertretungsgesetz (LPVG) in NRW keinen Anspruch auf Personalratsvertretung, so dass bei Problemen am Arbeitsplatz keinE AnsprechpartnerIn zur Verfügung steht.
<> 12.: eine fachlich breite Hochschullandschaft statt Konzentration auf angenommene Verwertbarkeit. </>
Profilbildung und Hochschulwettbewerb werden in NRW als Schwächung kleiner sowie überausgelasteter Fächer betrieben, denen arbeitsmarktpolitische Schätzungen geringere Attraktivität unterstellen. Die damit einhergehende Mittelvergabe des Landes sowie das NRW-Hochschulkonzept 2010 forcieren einen Wettbewerb, der seinem Wesen nach regionale ökonomische Ziele verfolgt, statt sinnvolle und nachhaltige Entwicklungen und Verbesserungen der Studienlandschaft und -möglichkeiten im gesamten Land zu berücksichtigen.